Wir besuchen die Produzentinnen von Angelique’s Finest in der ruandischen Kaffeekooperative Koakaka. Die Frauen, die Kaffee für Angelique’s Finest anbauen und verarbeiten, haben sich auch hier in verschiedenen Gruppen zusammengeschlossen. Eine dieser Gruppen wurde 2018 ins Leben gerufen und besteht derzeit aus 46 Mitgliedern. Wir sprechen mit Alfonsine K., Jaqueline K. und Theresedia N.
Alfonsine leitet die Frauengruppe und hat ein Feld organisiert, auf dem die Gruppe gemeinsam Kaffee anbaut. Sie ist 53 Jahre alt und Mutter von drei Kindern. Jaqueline ist 33 Jahre alt, verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Sie ist eine der wenigen Frauen, die studiert haben: Zwei Jahre besuchte sie die Universität in den Fächern Geschichte und Geografie. Theresedia ist 50 Jahre alt, verheiratet und Mutter von sechs Kindern. Alle drei Frauen sind in Familien aufgewachsen, in denen Kaffee schon seit der Großelterngeneration angebaut wurde.
Früher wurden die Kaffeekirschen an beliebige Abnehmer*innen verkauft. 2018 traten Alfonsine, Jaqueline und Theresedia in die Kaffeekooperative von Koakaka ein, um in den Genuss der Vorteile einer Mitgliedschaft zu kommen. Um in die Kooperative eintreten zu können, muss man mindestens 300 Kaffeebäume besitzen und eine Aufnahmegebühr von 30.000 RWF zahlen. Diese kann auch in Raten oder in Kaffeekirschen gezahlt werden. Als die Frauen in die Kooperative eintraten, gab es einen Rabatt, so dass sie lediglich 15.000 RWF zahlen mussten.
Welche Vorteile bringt die Mitgliedschaft in der Kooperative mit sich?
Es bringt einige Vorteile mit sich, wenn Kaffeebäuerinnen und -bauern Teil einer Kooperative werden. Statt ihre Kaffeekirschen an beliebige Käufer zu schwankenden Preisen zu verkaufen, erhalten sie von der Kooperative garantierte Abnahmen zum Festpreis. Die Kooperative in Koakaka kauft alle Kaffeekirschen der Bauern auf. Zudem erhalten die Kaffeebäuerinnen für Kaffeebohnen, die zu Angelique’s Finest verarbeitet werden, eine zusätzliche Prämie. Die Frauen berichten uns, dass sie stärker motiviert sind, wenn internationale Käufer*innen die Kooperative besuchen, um die Produzent*innen kennenzulernen. Ein weiterer Pluspunkt für Kooperativemitglieder sind die organisierten Weiterbildungsmaßnahmen, etwa zu effektiveren Anbaumethoden. Das Wissen wird dann innerhalb der Gruppen geteilt. So wurde Alfonsine für eine Weiterbildungsmaßnahme ausgewählt und damit beauftragt, ihr Wissen an ihre Kolleginnen in der Gruppe weiterzugeben. Für Nicht-Mitglieder der Kooperative ist es sehr schwer und teuer, an solchen Trainings teilzunehmen.
Als Alfonsine, Jaqueline und Theresedia 2018 in die Kooperative eintraten, nahm diese gerade an einem Wettbewerb teil, der von der ruandischen Landwirtschaftsbehörde NAEB organisiert worden war und in dem es darum ging, die besten Kaffees zu küren. Koakaka gewann den ersten Preis und jedes Kooperativemitglied erhielt einen Teil des Preisgeldes. Theresedia sagt, dass es sehr beeindruckend sei, dass ihr Kaffee Preise gewinnt und dass Käufer*innen die Qualität schmecken können. Das motiviere sie, gute Leistungen anzustreben.
Tätigkeiten und Vorteile der Frauengruppe
Die Frauen der Frauengruppe treffen sich regelmäßig, um gemeinsam auf den Kaffeefeldern zu arbeiten, die Kaffeebäume zu pflegen, gemeinsam Geld zu sparen oder, wie in diesem Fall, gemeinsam Knoblauch anzubauen. Leider haben sie derzeit noch Probleme, diesen zu verkaufen, da der Markt für Knoblauch nicht besonders groß sei. Auf dem lokalen Markt verstehen die Menschen den Wert von Knoblauch noch nicht und wollen darum keine hohen Preise bezahlen, berichten uns die Frauen. Die Stadt sei jedoch zu weit entfernt, als dass sie den Knoblauch dort verkaufen könnten.
Wir möchten von den Frauen wissen, was die Frauengruppe für sie bedeutet. Sie erzählen uns, dass sie über die Gruppe ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt haben und sich geborgen fühlen. Das soziale Miteinander hat für sie einen hohen Stellenwert, doch auch finanziell profitieren die Frauen von der Gruppe: Über die von ihnen eingerichtete Spargruppe haben sie leichter Zugang zu Darlehen. Die Gruppe gewährt Kredite, die die Frauen zurückzahlen, sobald sie ihre Ernte verkauft haben. Dadurch haben die Frauen das ganze Jahr über Zugang zu Geld.
Finanzielle Unabhängigkeit und deren Folgen
Die Frauen berichten uns, der Kaffee habe sie gestärkt, so dass sie Probleme nun selber lösen können und sich nicht länger auf andere verlassen müssen. Bevor die Frauen mit Angelique’s Finest ein eigenes Einkommen verdienten, waren die Männer für das Einkommen der Familien zuständig. Nun tragen auch die Ehefrauen ihren Teil zur Finanzierung des Lebens bei und das habe die Beziehung zu ihren Ehemännern verbessert und mehr Nähe geschaffen, berichten die Frauen.
Mit ihrem Einkommen konnten die Frauen schöne Kitenge-Stoffe kaufen sowie Seife, um ihre Kleidung zu waschen. Jede der Frauen kann sich nun eine Krankenversicherung leisten. Die Frauen sind stolz, weil sie ihre Männer nicht mehr um Geld bitten müssen. Sie können sich Dinge eigenständig kaufen. Die Frauen dieser Gruppe kauften sich beispielsweise alle eine Matratze. Außerdem schicken sie ihre Kinder zur Schule und kaufen alle notwendigen Materialien. Die Verwaltung der Finanzen im Haushalt und auch die Entscheidungsprozesse in den Familien haben sich deutlich verbessert, erklären uns die Frauen, weil Frauen besser mit Geld umgehen könnten. Woran das liege, fragen wir. Die Frauen erklären uns, dass die Mutter die Grundlage der Familie sei, weil sie immer zu Hause sei und daher wisse, was in der Familie vor sich gehe und welche Bedürfnisse es gebe. Die Kinder vertrauen ihre Probleme den Müttern an, so dass diese die Prioritäten und Wünsche besser einordnen könnten als Männer. Außerdem seien Frauen sehr sorgsam, würden kein Geld für unnütze Dinge ausgeben und langfristig denken, wohingegen Männer das Geld für Alkohol ausgäben.
Die Frauen der Gruppe verraten uns, dass es früher hieß, der Kaffee gehöre den Männern. Das lag daran, dass Frauen nur auf den Feldern involviert waren und nur wenig über Anbaumethoden wussten. Weiterbildungsmaßnahmen für Frauen gab es nicht. Nachdem diese dann angeboten wurden, fühlten sich die Frauen ihren Kaffeebäumen viel stärker verbunden. Sie lernten diese zu pflegen, zu ernten und den Ertrag zu erhöhen.
Die Ehemänner von Alfonsine, Jaqueline und Theresedia sind weder Mitglieder der Kooperative noch Kaffeebauern. Darum wird ihre gesamte Ernte als Frauenkaffee verkauft. Sie werden von ihren Ehemännern unterstützt, die stolz auf ihre Ehefrauen sind. In der Region von Koakaka gebe es nicht mehr viele Kaffeebäuerinnen und -bauern. Diejenigen, die diesen Beruf gewählt haben, betrachten ihn als langfristige Investition, müssen aber immer noch andere Nahrungsmittel anbauen, um ein zusätzliches Einkommen zu generieren. Viele der Frauen betreiben Nebengeschäfte. Einige bauen andere Nahrungsmittel wie Mais, Hirse, Auberginen, Kohl, Bananen, Avocados, Maniok, Chilis oder Tomaten an und verkaufen diese auf dem lokalen Markt. Eine der Frauen arbeitet als Friseurin. Andere betreiben Viehzucht oder besitzen Hühner.
Für die Zukunft wünschen sich die Frauen weitere Weiterbildungen, aber auch Nähmaschinen und Materialien für ihre Handarbeiten. Die Gruppe plant eine eigene Viehzucht und bestellt ein eigenes “Trainingsfeld”, auf dem sie Anbaumethoden testen. Dieses gehört einer der Frauen, so dass sich die Gruppe ein eigenes Feld wünscht.
Kaffeerösten zu Hause für ein stärkeres Zusammengehörigkeitsgefühl
Die Frauen erhielten von der Kooperative ein Training zum Kaffeerösten und können nun die Aromen ihrer eigenen Kaffeebohnen prüfen. Sie bereiten ihren Kaffee zu Hause zu und trinken ihn innerhalb der Familie. Die ganze Familie liebt es, wenn die Mutter den Kaffee zubereitet. Agronomistin Diane erklärt uns, dass die Kooperative die Technik des Zuhause-Röstens gezielt vermittle, damit die Kaffeebäuerinnen und -bauern ihren Kaffee lieben lernen und den Anbau nicht aufgeben. Die Frauen, mit denen wir sprechen, fühlen sich ihrem Kaffee sehr verbunden, weil sie seinen Geschmack kennen und weiter verbessern möchten. Sie arbeiten noch gezielter auf ihren Feldern. Über das Rösten habe sich nicht nur die Beziehung zu ihren Kaffeebäumen intensiviert, sondern auch der Zusammenhalt in der Familie, weil sie den Kaffee gemeinsam trinken und teilen.
Um ihren Kaffee zu Hause zu rösten, bringen die Frauen zunächst ihre Kaffeekirschen mit, die sie mithilfe eines Geräts entkernen. Anschließend trocknen sie die Kaffeebohnen in der Sonne, entfernen das Pergamentpapier und rösten die Bohnen in traditionellen flachen Pfannen. Der Röstprozess endet, sobald die Bohnen ihre Farbe verändern und zu glänzen beginnen, weil Öle austreten. Zuletzt wird der Kaffee gemahlen und mit heißem Wasser aufgekocht. Dass sie ihren Kaffee nun selber trinken können, hat die Bedeutung des Kaffees für die Frauen erhöht: Vorher war ihnen der Kaffee nahezu egal, weil sie seinen Geschmack nicht kannten und einfach nur ihre Arbeit erledigten. Jetzt wissen sie aber, wofür sie arbeiten und pflegen ihre Kaffeebäume noch bewusster.
Herausforderungen in Koakaka
Zu den Herausforderungen der Kaffeebäuerinnen von Koakaka zählen Krankheiten und Schädlinge, die die Kaffeebäume befallen. Die Kooperative unterrichtet sie zwar in Workshops, aber das würde das Problem nicht vollständig lösen. Darüber hinaus fehle den Frauen das richtige Gras, um die Erde zu bedecken. Es ist sehr teuer und die Frauen bräuchten Unterstützung, um mehr davon neben ihren Feldern anzubauen. Nehmen sie ein anderes Gras, haben es Insekten leichter, ihre Kaffeebäume zu schädigen. Auch der Klimawandel und die Prävention von dessen Folgen stellen eine Herausforderung dar. So fehlten beispielsweise Bäume, die die Kaffeebäume schützen würden.
Die Kooperative hilft ihren Mitgliedern dabei, diesen Herausforderungen zu begegnen. Zuerst ging es darum, ein Bewusstsein für diese zu schaffen und die Probleme der Kaffeebäuerinnen und -bauern zu verstehen. Die Kooperative erinnert ihre Mitglieder immer wieder daran, in Kontakt zu treten und diese Themen zu adressieren.
Der Kaffeeanbau für Angelique’s Finest zahlt sich für Alfonsine, Jaqueline, Theresedia und ihre Kolleginnen jedoch aus und sie würden ihn gegen nichts eintauschen, auch wenn er viel Arbeit bedeute. Wenn sie könnten, würden sie mehr in ihren Kaffee investieren.
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