Klimaneutrale Produkte – Was sich wirklich hinter dem Begriff verbirgt

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Warum sollten wir in unserem Konsum auf klimaneutrale Produkte achten? 

Der pro-Kopf-Ausstoß von Treibhausgasen liegt in Deutschland bei 11,2 Tonnen pro Jahr und damit rund 60 Prozent über dem globalen Durchschnittswert. Klimaverträglich wäre gerade einmal eine Tonne pro Person. Wir müssen unseren Lebensstil also massiv verändern, wenn wir die globalen Klimaziele erreichen wollen. Nicht nur mit unserem eigenen Verhalten, wie z. B. dem Verzicht auf Flugreisen und Autofahrten, sondern auch mit unseren Konsumentscheidungen können wir zum Klimaschutz beitragen. Wir können uns gezielt für oder gegen bestimmte Produkte entscheiden, die einen besonders großen positiven oder negativen Impact auf das Klima haben. Das erfordert aber nicht nur guten Willen, sondern auch eine gute Informationsgrundlage, auf Basis derer wir fundierte Entscheidungen treffen können. Im Fairtrade-Bereich sind entsprechende Produkte durch klar erkennbare Siegel gekennzeichnet. Ein solches Äquivalent besteht für emissionsarme bzw. klimaneutrale Produkte derzeit nicht.

Was sind eigentlich klimaneutrale Produkte?

Klimaneutralität ist kein gesetzlich geschützter Begriff. Es gibt dementsprechend keine definierten Regeln und keine ähnlich etablierten Siegel wie z.B. bei Fairtrade- oder Bioprodukten. Als klimaneutral bezeichnet werden Unternehmen, Prozesse und Produkte, bei denen entstandene CO2-Emissionen durch zertifizierte Klimaschutzprojekte kompensiert werden. Gleichzeitig werden Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen entlang der gesamten Lieferkette angestrengt. 

Klimaneutral ist nicht gleichzusetzen mit CO2-frei bzw. emissionsfrei. CO2-frei ist ein Produkt nur dann, wenn entlang seiner gesamten Lieferkette keine CO2-Emissionen verursacht werden. Das schließt sämtliche Produktionsschritte vom Rohstoffabbau über die Verarbeitung bis hin zum Transport ein. Es gibt keine Vorgaben, welche Produktionsschritte umfasst sein müssen, damit ein Produkt als klimaneutral bezeichnet werden kann. Dementsprechend können sich hinter demselben Begriff Klimaschutzmaßnahmen von ganz unterschiedlicher Art und Ausmaß verbergen. Eingespart werden können Emissionen vor allem im Bereich des Transports. Emissionsfreier Versand kann z. B. in Form von mit Ökostrom betriebenen Elektrofahrzeugen oder im Nahtransport auch mit Lastenrädern stattfinden. So nutzen wir bei Kaffeekoop beispielsweise DHL GoGreen und fairsenden als Versanddienstleister. Beim Transport selbst entstehen dabei tatsächlich keine Emissionen, aber natürlich in der Herstellung von Elektroautos und Lastenfahrrädern.

Welche Formen von Klimaneutralität gibt es?

Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Varianten, wie Unternehmen klimaneutral werden können. Die erste Möglichkeit ist, dass nicht primär der Ausstoß klimaschädlicher Gase reduziert wird, sondern an anderen Orten auf der Welt Kompensationszahlungen an Klimaschutzprojekte geleistet werden. Das können z.B. Wiederaufforstungsprojekte oder Projekte zur Förderung erneuerbarer Energien sein. Häufig sind solche Projekte in Entwicklungs- oder Schwellenländern angesiedelt. Im Gegenzug erhält das Unternehmen ein Zertifikat, das die Kompensation der Emissionen nachweist und kann nun sein Produkt als klimaneutral betiteln.  

Die zweite Variante ist etwas aufwendiger. Das Unternehmen stellt dabei selbst seine Produktion um und reduziert seine Emissionen. Zum Beispiel werden nur noch klimafreundliche Rohstoffe und erneuerbare Energien zur Herstellung genutzt. Der Transport der Güter und Waren erfolgt dann nicht mehr per Flugzeug, sondern auf emissionsärmeren Wegen wie z. B. per Schiff oder Bahn.

Auch wenn beide Varianten dem Klima durchaus zuträglich sind, ist die aufwendigere Variante der klimafreundlichen Produktion die langfristig vielversprechendere. Wird nicht der tatsächliche CO2-Ausstoß reduziert, sondern nur an anderer Stelle Gegenmaßnahmen eingeleitet, bleibt die dringend erforderliche Innovation hin zu CO2-ärmeren Produkten aus. Wird ausschließlich Kompensation betrieben, führt das dazu, dass die eigentliche Problemlösung in die Zukunft verlagert und damit an folgende Generationen weitergereicht wird. 

Aber auch wenn der Begriff “klimaneutral” rechtlich nicht geschützt ist, darf er nicht zu irreführenden Zwecken verwendet werden. Im Mai 2021 mahnte die Wettbewerbszentrale insgesamt zwölf Unternehmen ab, die mit Slogans wie „100% klimaneutrale Produktion“, „klimaneutrales Produkt“ oder „wir handeln klimaneutral“ warben. Diese Aussagen erweckten den Anschein, als würde die Produktion in sich keine Emissionen verursachen, was nicht der Fall war. Stattdessen wurden Kompensationszahlungen geleistet.

Wie kann man klimaneutrale Produkte erkennen?

Es gibt kein Klimaneutralitätssiegel, das mit dem Fairtrade- oder dem Biosiegel vergleichbar wäre. Das wohl am weitesten verbreitete Siegel ist das klimaneutral-Siegel der natureOffice GmbH. Es wird auf Verpackungen, Produkten, Webseiten, Druckerzeugnissen oder Fahrzeugen verwendet und belegt, dass sämtliche im Produktionsprozess entstandenen Emissionen durch Beiträge an zertifizierte Klimaschutzprojekte kompensiert wurden.

Wie viel Vertrauen haben die Menschen in die Produktbeschreibung „klimaneutral“?

Während das Label “Klimaneutralität” anfangs ein Nischenthema kleinerer Unternehmen mit Nachhaltigkeitsschwerpunkt war, ist es mittlerweile in der breiten Masse der Unternehmen angekommen. Viele Firmen bewerben ihre Produkte als klimaneutral und stoßen damit bei den Konsument*innen durchaus auf Gegenliebe, wie eine Umfrage des deutschsprachigen Nachhaltigkeitsmagazins Utopia zeigt: 71,9 Prozent der Befragten vertrauen in die Kennzeichnung “klimaneutral”, nur bei 20,7 Prozent weckt die Bezeichnung Misstrauen. 82 Prozent schließen bei einer entsprechenden Kennzeichnung darauf, dass sich das Unternehmen aktiv für den Klimaschutz engagiert. Besonders hoch ist das Vertrauen, wenn das Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit ohnehin schon ein großes Ansehen bei den Konsument*innen genießt. Für 67,2 Prozent der Befragten war das Label schon einmal ein ausschlaggebendes Kaufargument und über die Hälfte ist bereit oder zumindest eher bereit, dafür auch einen höheren Preis zu zahlen. Wie viel Wert Konsument*innen auf Klimaneutralität legen, hängt unter anderem davon ab, wie intensiv sie sich mit dem Thema befassen. 

Auch wenn das Vertrauen in das Label hoch ist, divergieren die damit geweckten Erwartungen. 64 Prozent erwarten, dass sich die Klimaneutralität auf sämtliche Emissionen entlang der gesamten Lieferkette bezieht. Diese Erwartung ist mit dem Informationsniveau der Konsument*innen verknüpft. Mit steigendem Informationsniveau steigen ebenfalls die Erwartungen. Die Realität bleibt hinter den hohen Erwartungen jedoch häufig zurück. Da es kein geschütztes Klimalabel gibt, arbeiten die Unternehmen mit ganz unterschiedlichen Definitionen und Berechnungsgrundlagen. Während manche ausschließlich am Produktionsstandort erzeugte Emissionen miteinbeziehen, berechnen und kompensieren andere den gesamten Produktionsprozess inklusive Transport. Am Ende kennzeichnen sich jedoch alle Produkte mit derselben Bezeichnung und für die Konsument*innen ist kaum noch nachvollziehbar, was wirklich dahinter steht.

Klimaneutrale Produkte im Alltag festigen

Wenn kaufen, dann nach Möglichkeit klimaneutral und fair. Doch reflektiert man den eigenen Konsum, sind viele Käufe in der Regel gar nicht nötig. Um sich visuell vor Augen zu führen, welche einfachen und alltagstauglichen Strategien es für eine nachhaltigere Lebensweise gibt, hat die Illustratorin Sarah Lazarovics die „Buyerachy of Needs“ entwickelt, auf Deutsch die „Kaufhierarchie der Bedürfnisse“. Angelehnt ist das Modell an die Maslowsche Bedürfnispyramide. 

Bildquelle: https://www.sarahl.com/

Der erste Schritt ist der, zu schauen, welche Materialien man bereits zu Hause hat und inwiefern diese weiterverwendet oder vielleicht auch in einem anderen Kontext eingesetzt werden können – Stichworte Upcycling und Reparatur. Damit werden keine neuen Ressourcen verbraucht und keine Energie muss in einen neuen Produktionsprozess investiert werden. Für die handwerklich nicht so Begabten unter uns bieten sich Repair Cafés an. Dort lässt sich professionelle Unterstützung mit einem kulinarischen Angebot an Kaffee und Kuchen und spannenden neuen Begegnungen verknüpfen. Benötigst du doch einen Gegenstand, den du nicht zu Hause hast, kannst du erstmal im Freundes- und Bekanntenkreis fragen, bevor du den nächsten Laden aufsuchst. Vor allem Geräte, die selten zum Einsatz kommen, braucht nicht jeder selbst zu Hause. Das spart nicht nur Geld und Emissionen, sondern gleichzeitig auch noch Platz in der Wohnung. Ist das eigene Zuhause bereits mit unnützem Zeug vollgestellt, eignet sich ein Tauschring, um Platz für Neues zu schaffen. Verbreitete Optionen hierfür sind Kleidertauschparties, öffentliche Bücherschränke und Online-Tauschbörsen. Diese Plattformen lassen sich auch ganz wundervoll zum Sammeln neuer Inspirationen nutzen. Außerdem liegt Vintage-Mode ja ohnehin im Trend.

Kann man sich doch nicht von den liebgewonnenen Dingen trennen, muss es trotzdem nicht unbedingt ein neues Produkt sein. In der Regel tut es auch ein gut erhaltenes, gebrauchtes Produkt. Damit lassen sich sowohl Geld als auch Ressourcen sparen. Dinge, für die andere keine Verwendung mehr haben, können dich vielleicht noch erfreuen und so vor dem Müll gerettet werden. Für die besonders Kreativen unter uns, bietet sich natürlich auch die Eigenherstellung an. Selbstgestrickte Mützen sind ein absolutes Unikat und kommen auch als Geschenk deutlich besser an als der Gutschein für den nächsten Shopping-Trip. Auch im Bereich Ernährung zahlt sich self-made aus. Wer selbst kocht, hat die Kontrolle darüber, welche Zutaten verwendet werden und kann damit nicht nur auf Umweltschutz, sondern auch auf die eigene Gesundheit achten. Soll es nun aber doch mal das neue Produkt aus dem Laden sein, solltest du auch hier auf Fairness, Nachhaltigkeit und natürlich Qualität achten. Zertifizierte Siegel geben hier einen ersten Anhaltspunkt, entbinden aber natürlich nicht von der eigenen Recherche.

Eine hilfreiche Übersicht mit Tipps zur Nachhaltigkeit im Alltag findest du hier.

Klimaneutralität bei Kaffeekoop

Wir verstehen uns in erster Linie als Social Business. Wir wollen globale Ungerechtigkeiten angehen und eine nachhaltigere Form des Wirtschaftens auf Augenhöhe etablieren. Soziale Gerechtigkeit kann aber nicht unabhängig von Klimagerechtigkeit gedacht werden. Die Kaffeeproduktion hat nicht nur selbst einen hohen Emissionsausstoß, er ist auch selbst durch die sich verändernden klimatischen Bedingungen bedroht. Es liegt also auf der Hand, dass wir als Social Business im Kaffeeanbau eine besondere Verantwortung in Sachen Klimaschutz haben. Aktiv sind wir das Thema Klimaneutralität 2019 angegangen. Seitdem leisten wir Kompensationszahlungen an das Projekt Trees for Global Benefits in Uganda. Das gemeinschaftlich geführte Projekt verbindet Maßnahmen zur CO2-Reduktion mit nachhaltiger Landnutzung und schafft Anreize für Farmer, ihre Landwirtschaft möglichst ökologisch zu gestalten. Unter anderem werden Feldränder bepflanzt, Mischanbau betrieben und Waldparzellen zur Holznutzung angelegt. Wir haben uns für dieses Projekt entschieden, weil Trees for Global Benefits auf einer Kooperativen-Struktur und auf der direkten Teilhabe der Bäuerinnen und Bauern basiert.

Da wir aber auch wissen, dass Kompensation als Klimaschutzstrategie nicht ausreichend ist, arbeiten wir gemeinsam mit den Produzent*innen an verschiedenen Strategien zur Verringerung der CO2-Emissionen. Dadurch, dass unsere Partnerkooperativen im Verhältnis kleine, familiengeführte Farmen sind, ist ihr CO2-Ausstoß im Anbau bereits relativ gering.

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